Hier entsteht ein Wohntraum am Zürichsee
Curzio Ardinghi: «Gute Architektur muss Emotionen erzeugen»
Ob Liebespaar oder Liebhaber prachtvoller Anwesen: Die Villa Patumbah samt malerischem Park zieht jene an, die an einem der schönsten Orte im Seefeld gern dem Müssiggang frönen. Ein Ahne aus der Familie von Curzio Ardinghi zeichnet für den Bau aus dem Jahr 1885 verantwortlich. Kaum verwunderlich, dass der Nachfahre auch eine Leidenschaft fürs Entwerfen, Planen und Bauen hat. Curzio Ardinghi studierte in seiner Heimat Florenz sowie in Aachen Architektur und kam danach direkt nach Zürich. Seine erste Wohnung fand er vor 20 Jahren im Seefeld, ebenso seinen ersten Job. Und auch die Leitung eines Projekts im Kreis 8, der Wohnüberbauung «Hamberger Park» in Riesbach, sollte den Ausschlag für den nächsten Schritt geben: Curzio Ardinghi eröffnete sein eigenes Architekturbüro – natürlich im Quartier.
Text: Sherin Kneifl
Welche Art von Gebäude planen Sie am liebsten und warum?
Ganz generell Räume und Gebäude, in denen sich Menschen wohlfühlen. Der Unterschied zwischen Berufs- und Privatleben ist heute nicht mehr so klar definiert – es wird immer schwieriger, zwischen Zuhause und Arbeitsplatz zu unterscheiden. Die Übergänge sind fliessend: Es gibt Elemente eines Daheims, die wir gern auch im Büro haben möchten, und Elemente des Büros, die in das Haus integriert werden müssen. In dem Sinn gestalteten wir ein Bankgebäude (den Hauptsitz der Quintet Private Bank Schweiz), mit der Absicht, funktionale Arbeitsbereiche zu schaffen, jedoch sollen diese den Eindruck vermitteln, man befinde sich in einer wohnlichen Umgebung.
Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz?
Auf ein Mehrfamilienhaus in Zollikon am Waldrand. Anstatt den Wald zu leugnen, haben wir einen Dialog zwischen Gebäude und Kontext initiiert. Dies gelang unter anderem durch die richtige Positionierung des Gebäudes auf dem Terrain. Einerseits schufen wir so einen Ausblick in Richtung Zürich. Andererseits eine perfekte Beziehung zum Grün, welches zu bestimmten Tageszeiten genauso reizvoll ist wie die Seesicht. Zudem erfrischt der Schatten das Haus. Das Projekt wurde von der Natur inspiriert. Die Wohnlage ist trotz Stadtnähe stark vom Wald geprägt. Wir wollten Wohnungen und Terrassen realisieren, die scheinbar über dem Wald schweben, um dem Wunsch nach einem direkten Zusammenleben mit der Natur nachzukommen. Das Innovativste war jedoch die Fassade mit textilem Charakter, welche in puncto Technologie und Design eine Premiere darstellt. Sie ist in einem hellen, eloxierten Bronzeton gehalten, der sich bestens in die Landschaft integriert. Umgesetzt wurde sie mit feinen Metalllamellen ohne Spiegelungseffekt; sie nehmen die Farben der Umgebung spielerisch auf. Wir haben das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Architekten Andres Carosio entworfen.
Was sind Ihrer Meinung nach die aktuellen Architekturtrends?
Die Referenzarchitektur kommt momentan aus Skandinavien. Modernität ist ein alllzeit aktueller Trend, jedoch arbeitet man heute eher mit natürlichen Elementen wie Pflanzen, Holz und wärmeren Farben. Auch angesagt ist «less is more», aber nicht ganz so rigoros reduziert, sondern mit mehr Menschlichkeit umgesetzt. Zudem ist Nachhaltigkeit gefragt. Und Nachhaltigkeit bedeutet Verantwortung. Zum Beispiel werden wir bei bei der Quintet Private Bank Schweiz die Decken mit einem Produkt verkleiden, das aus PET-Flaschen gemacht ist, aber wie Stoff aussieht.
Welches Gebäude imponiert Ihnen am meisten?
Alle, bei denen die Architektur in die Natur integriert wurde, etwa das Fallingwater House von Frank Lloyd Wright oder die Wohnhäuser von Oscar Niemeyer. Aus jüngerer Zeit faszinieren mich urbane Konzepte wie die High Line in New York von Diller Scofidio + Renfro, eine Parkanlage auf einer ehemaligen Güterzugstrecke.
War Architektur bereits Ihr Kindheitstraum?
Ich stamme aus einer Familie von Architekten: Mein Vater war Architekt und ich habe zwei Brüder die ebenfalls Architektur studiert haben. Ich wuchs in einem authentischen toskanischen Landhaus auf, zu welchem mein Vater Elemente des klassischen modernen Stils hinzugefügt hatte. Von klein auf hegte ich also eine Leidenschaft für Design und moderne Architektur, bevor diese auch zu meinem Beruf wurde.
Worauf ist Ihr Büro spezialisiert?
Ob Wohnhäuser oder Gewerbe, Ein- oder Mehrfamilienhäuser, unsere Spezialität liegt in der Massanfertigung von Architekturlösungen, denn wir glauben, die Diversität unserer Kunden damit am optimalsten zu erfassen.
Was inspiriert Sie zu Ihren Konzepten?
Die beste Inspiration kommt aus unerwarteten Quellen: Ein tolles Projekt beginnt mit einem Kunden und einem Ort, inspiriert von der Umgebung (Stadt/Natur). Ich mag Querbeziehungen zwischen Architektur, Kunst und Natur und arbeite oft mit Experten zusammen, die nicht direkt mit Architektur zu tun haben, mit Künstlern, Köchen und Fotografen. Ich fürchte mich nicht vor anderen Meinungen, im Gegenteil, wir profitieren von den unterschiedlichen Blickpunkten und Herangehensweise, um Besonderes zu entwickeln und höhere Ziele im Design zu erreichen.
Was ist Ihr Markenzeichen?
Gute Architektur muss Emotionen erzeugen. Die Kommunikation mit den Kunden ist das Wichtigste: Bevor wir mit einem Entwurf beginnen, möchten wir immer deren Lebensweise kennen, denn jede Person, Familie und Firma ist einzigartig. Hinter jedem Projekt stehen Menschen, deren Wünsche, Bedürfnisse und Persönlichkeit wir berücksichtigen wollen. Als nächstes braucht man ein Verständnis für die Baulage, egal, ob es sich um einen Neu- oder Umbau handelt. Wir arbeiten viel mit Modellen, modernsten Techniken wie 3D-Drucker aber auch mit traditionellen Handskizzen und Illustrationen. Als wesentlich erachte ich eine präzise Ausführung und hochwertige Materialien. Im Laufe der Jahre haben wir uns ein Netzwerk von sehr professionellen Unternehmern aufgebaut, die unsere Entwürfe ausgezeichnet umsetzen können und den Kostenrahmen respektieren. Was ich immer wieder höre: Die Kunden vertrauen uns und haben Spass mit uns zu bauen. Deswegen folgt oft ein zweiter Auftrag.
Zitat
«Ich fürchte mich nicht vor anderen Meinungen, sondern profitiere von den unterschiedlichen Blickpunkten und Herangehensweise, um höhere Ziele im Design zu erreichen.»
Mehr Informationen unter www.ardinghi.ch
Foto von C. Ardinghi: Geraldo Pestalozzi
Fotos Architektur: Bruno Helbling