Begegnet im SERGE, Seefeldstrasse 202
Heidi Raff: «Wenn wir nicht am See sind, sind wir auf dem See.»
Es heisst, als Expat sei es schwierig, Leute in Zürich kennenzulernen. Das stimmt nicht, findet Heidi Raff, Creative Director bei einem Touristikunternehmen. Und auch Redaktorin Luise kann dies nicht bestätigen, schliesslich führt sie ganz spontan dieses angenehme Gespräch mit Heidi im Serge.
Zehn Jahre ist es her, als mein Mann und ich von Stuttgart nach Zürich zogen. Vier Jahre davon leben wir im Seefeld. Ich wollte zentraler sein, den Stadt-Vibes näherkommen und vor allem wollte ich an den See. Und so durchsurfte ich in meinen Mittagspausen die Immobilienportale, bis ich auf ein Inserat stiess, dass zu schön, um wahr zu sein war. Ehrlich gesagt dachte ich kurz, es sei vielleicht ein Fake. Nach einem privaten Rundgang – auch das ist ja sehr selten geworden – durften wir uns für eine von zwei Wohnungen im Haus entscheiden. Ein grosses Glück!
Nun habe ich auf der einen Seite die Stadt und den See zu Auswahl, auf der anderen den Wald – etwas Besonderes, finde ich. Dazu schätze ich die Vielfalt des Quartiers: Den Bachser Märt an der Ecke Kreuzstrasse, das Monocle Café an der Dufourstrasse, mit seinem köstlichen Almond Flat White, den ich beim Lesen eines der Magazine trinke und das italienische Restaurant Miracle an der Fröhlichstrasse, welches mit seiner familiären Atmosphäre und den aussergewöhnlichen Pizzakompositionen schon bei einigen meiner Besuchsgäste einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Zudem hat das Seefeld seine ganz eigene Geschwindigkeit – es geht sehr gediegen zu, wenn Väter am Samstag mit ihren Kids zum Einkaufen gehen und diese das Obst wiegen lassen.
Als der See abgesperrt wurde, begann ich durchs Quartier zu joggen
Weil sie es sind, die einen grossen Teil zum ganzen Flair und der Lebensqualität beitragen, war es mir zu Zeiten der Covid-19-Pandemie wichtig, die lokalen Shops und Restaurants zu unterstützen. Über Social Media bin ich auf viele interessante Aktionen aufmerksam geworden, wie etwa dem Bespoke-Flower-Workshop via Zoom von «The Florist». Aline hat uns die schönsten Blumen mit all den Tools, die wir brauchten, persönlich nach Hause geliefert und uns anschliessend mit vielen Tipps und Tricks durch den Workshop geführt. Eine willkommene florale Abwechslung im Corona-Alltag.
Ob sich in der Zeit neue Rituale entwickelt haben? Wenn ich auf Reisen bin und die Möglichkeit habe, gehe ich eine Runde joggen. So gewinnt man schnell einen ersten Eindruck des jeweiligen Ortes. Paradoxerweise hatte ich Zuhause die immer gleiche Joggingroute am See – dabei hat das Viertel noch so viel mehr zu bieten! Als der See abgesperrt wurde, begann ich wie sonst auf meinen Reisen, ohne Ziel durchs Quartier zu joggen. So habe ich ganz viele neue Dinge für mich entdeckt.
Der See bleibt aber trotzdem mein Lieblingsort im Seefeld. Mein Mann und ich haben es uns zur Angewohnheit gemacht, bepackt mit einer Flasche Wein und einer Picknickdecke, auf einem Felsen am Wasser die letzten Sonnenstunden zu geniessen. Bei diesem Sundowner lassen wir gerne gemeinsam hektische Arbeitstage ruhig ausklingen. Dort war es auch, wo wir uns damals entschieden, ins Seefeld zu ziehen. Wenn wir nicht am See sind, sind wir auf dem See. Letztes Jahr haben wir gemeinsam einen Segelschein gemacht.
Daraus schöpfe ich Energie, kreativen Input und die perfekte Balance
Ein weiterer Ort, mit dem ich viel verbinde, ist das Razzia. Seit über zehn Jahren feiern wir unseren Hochzeitstag mit einem kleinen Honey-Moon irgendwo auf der Welt. Ist dies nicht möglich, geht es immer ins Razzia. Ich liebe das Interieur mit den Tapeten von «House of Hackney», das Glamouröse und gleichzeitig Gemütliche – passt natürlich super für den Anlass – und die vielfältige Karte mit Gerichten aus aller Welt, die vergessen lassen, dass wir dieses Mal gar nicht verreist sind.
Dass man es schwer hat, als Zugezogene, kann ich persönlich nicht bestätigen. Ständig lerne ich neue tolle Leute kennen, oder treffe Freunde auf der Strasse. Eine meiner liebsten Begegnungen war die mit Robine, Besitzerin vom Raum Reolon. Ihr habe ich meinen guten Schlaf zu verdanken – da ich beim Umzug ins Seefeld durch ihre so nette und kompetente Beratung das perfekte Bett gefunden habe. Raum Reolon bietet jede Menge Inspiration!
Seit jeher war mir das Design-Thinking wichtig und so stand für mich früh fest, dass ich mich für eine kreative Laufbahn entscheiden würde. Seit über zehn Jahren bin ich erfolgreich in der Reisebranche tätig: Für einen der grössten renommiertesten Schweizer Reisedienstleister verantworte ich Werbekampagnen, Brandshootings und die Corporate Identities verschiedener Brands. Zusätzlich, und zu meiner grossen Freude, wurde mir die Inneneinrichtung unseres neuen Headquarters anvertraut. Ich bin ein Freund von Kontrasten, nehme bewusst die Vorzüge zweier Seiten wahr und erlebe dadurch die perfekte Symbiose dessen, was mir wichtig ist. Daraus schöpfe ich Energie, kreativen Input und die perfekte Balance. Das Reisen, aber auch der Kreis 8, unterstützt mich dabei. Denn auch hier entdecke ich immer wieder tolle Kontraste – wie eben Stadt und Natur – die mich zu neuen kreativen Denkanstössen inspirieren. Eine Joggingrunde durch das Seefeld ist wie eine Reise und zu jeder «richtigen» gehört auch das Heimkommen.
Und so sind wir uns auch hier im Serge begegnet. Schau dich um – überall Kontraste, deshalb wollte ich schon immer mal herkommen. Hier trifft «klein und fein» perfekt zu – man fühlt sich sofort wohl, als sei man bei Freunden in einem super geschmackvoll eingerichteten Wohnzimmer gelandet und wenn ich das nächste Mal vorbeikomme, probiere ich auf jeden Fall die Pizza! La vita e bella!
Heidi und ich verabreden uns für eine Fahrradtour am See und schon wieder ist ein Expat-Freund mehr in den Nachbarschaftskreis des Seefeld dazugekommen.
Text: Luise Pomykaj
Mai 2020